Bradykardie – Diagnose & medizinische Bewertung

Wann spricht man von Bradykardie?

Eine Bradykardie liegt definitionsgemäß vor, wenn die Herzfrequenz unter 60 Schläge pro Minute sinkt. Dies kann bei trainierten Ausdauersportlern ein Normalzustand sein, aber auch auf eine ernstzunehmende Störung des Reizleitungssystems des Herzens hinweisen. Eine genaue medizinische Bewertung ist daher essenziell.

Diagnostische Kriterien und erste Anzeichen

Zur Diagnose wird zunächst ein Ruhepuls gemessen. Werte unter 60 bpm (beats per minute) gelten als bradykard. Ab wann eine Behandlung notwendig ist, hängt vom Gesamtbild ab: Symptome wie Schwindel, Ohnmachtsanfälle, Müdigkeit oder Atemnot können auf eine behandlungsbedürftige Bradykardie hindeuten. Auch die Begleitumstände wie körperliche Belastung oder Schlafphase spielen eine Rolle.

EKG: Der Goldstandard zur Diagnostik

Das Elektrokardiogramm (EKG) ist das zentrale diagnostische Verfahren. Es zeigt, ob es sich um eine Sinusbradykardie (verlangsamter, aber regelmäßiger Herzrhythmus) oder andere Formen wie AV-Block oder Sinusrhythmusstörungen handelt. Typische EKG-Zeichen:

• Verlängerte RR-Intervalle
• Fehlen oder Verlängerung der P-Welle
• Blockbilder bei AV-Blockierungen

Auch Langzeit-EKGs oder Belastungs-EKGs kommen zum Einsatz, um intermittierende Bradykardien aufzudecken.

Laborwerte und Differentialdiagnostik

Zusätzliche Laboruntersuchungen helfen, Ursachen einzugrenzen:

• Kalium, Magnesium, Kalzium: Elektrolytverschiebungen können Bradykardien begünstigen
• TSH, T3, T4: Bei Verdacht auf Schilddrüsenunterfunktion
• CK-Wert, Troponin: Ausschluss eines stillen Herzinfarkts

Medikamentenbewertung bei Bradykardie

Einige Medikamente senken den Puls als Nebenwirkung. Besonders relevant sind:

• Betablocker (z. B. Bisoprolol, Metoprolol)
• Calciumkanalblocker (z. B. Verapamil, Diltiazem)
• Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron, Moxonidin)
• Sedativa oder Antidepressiva (z. B. Sertralin)

Im Rahmen der Diagnostik wird eine sorgfältige Anamnese und Überprüfung der Medikation vorgenommen.

Bildgebung und ergänzende Verfahren

Neben dem EKG können bildgebende Verfahren wie eine Echokardiografie oder ein Herz-MRT eingesetzt werden, um strukturelle Ursachen auszuschließen, etwa eine Kardiomyopathie oder Herzmuskelentzündung.

Bewertung: Physiologisch oder pathologisch?

Nicht jede Bradykardie ist behandlungsbedürftig. Eine sorgfältige ärztliche Bewertung hilft zu unterscheiden zwischen:

• Physiologischer Bradykardie: häufig bei Sportlern oder im Schlaf
• Pathologischer Bradykardie: z. B. durch Sinusknotensyndrom oder AV-Block

Entscheidend sind stets die Symptomatik und die individuelle Gesamtkonstitution.

Fazit

Die Diagnose und medizinische Bewertung einer Bradykardie erfordert eine umfassende Betrachtung: Pulsfrequenz, Symptomatik, Begleiterkrankungen, Medikamente und EKG-Befund fließen gemeinsam in die Diagnose ein. Nur so lässt sich entscheiden, ob eine Überwachung ausreicht oder eine gezielte Therapie nötig ist – etwa durch Anpassung der Medikation, Schrittmacher-Implantation oder Behandlung der Grunderkrankung.